Verloren und verlassen - Entlassungsmanagement in Kliniken.
„Wir entlassen den Patienten in einem guten Allgemeinzustand.“
Es ist wahr, dass dieser Satz oft in Entlassungsberichten auftaucht. Leider trifft er nicht immer zu. Viele Erkrankte verlassen das Krankenhaus und fühlen sich sowohl körperlich als auch seelisch nicht gut. Glücklich kann sich die Person schätzen, die Angehörige oder Freunde hat, die sich zu Hause um sie kümmern können. Aber einige Menschen kehren in ein leeres Zuhause zurück und sind auf sich allein gestellt. Ein nahtloser Übergang vom Klinikaufenthalt nach Hause ist Ziel des Entlassungsmanagements. Dabei läuft der Prozess im besten Fall folgendermaßen ab:
1. Aufnahme: Das Entlassungsmanagement setzt nicht erst beim Verlassen der Patient: innen ein, sondern bereits bei der Aufnahme. Hier kann schon frühzeitig die private Lebenssituation abgeklärt werden und ggfs. schon Maßnahmen eingeleitet werden.
2. Zusammenarbeit: Das Krankenhaus ist gut vernetzt mit anderen medizinischen Stellen und Fachkräfte wie beispielsweise Ärzte, Pflegekräfte, Therapeuten, Logopäden. Die erforderlichen Stellen werden informiert und gemeinsam ein individueller Entlassungsplan erstellt.
3. Gespräch: Es findet ein persönliches Gespräch mit Patient: innen und ihre Angehörigen statt. Anhand des Entlassungsplans werden die Medikation, Nachsorgetermin und individuelle Verhaltensweisen besprochen.
4. Koordination: Das Krankenhaus kümmert sich um Termine beim Fachärzten und Bereitstellung von Hilfsmitteln. Darüber hinaus leistet die Mitarbeiter: innen Unterstützung bei der häuslichen Pflege oder der Unterbringung in einer Pflegeinrichtung.
5. Dokumentation: Das Krankenhaus muss alle vorhandenen Informationen zu dem Patienten oder der Patientin dokumentieren und an die nachsorgenden Stellen übermitteln.
Klingt doch gut, oder? Leider sieht die Realität häufig anders aus. Das liegt vor allem daran, dass Mitarbeiter: innen – in der Regel aus Zeitgründen – kein umfassendes Gespräch mit dem Erkrankten und den Angehörigen führen. Dabei könnte man mit wenigen Fragen mehr über den Alltag der Person erfahren:
- Wie ist das Umfeld? Gibt es Nachbarn, Angehörige oder Freunde, die Zeit haben, zu helfen?
- Ist die Person emotional in der Lage, die Situation zu meistern? Angehörige zu pflegen, ist keine leichte Aufgabe. Oft braucht nicht nur der kranke Mensch Unterstützung, sondern auch die pflegende Person.
- Kann die helfende Person mehr als nur organisatorische und körperliche Pflege leisten? Ist das Verhältnis so gut, dass man auch ohne ständigen Fokus auf die Erkrankung gemeinsame Zeit verbringt, z. B. längere Gespräche, Spaziergänge oder gemeinsames Fernsehen?
Die medizinische Versorgung im Krankenhaus ist wichtig. Eine gut organisierte Nachsorge ist es ebenso. Sorgt das Krankenhaus nicht für eine gut funktionierende Versorgung, lassen wir die erkrankten Personen und – falls überhaupt vorhanden- ihre Angehörigen hilflos zurück. Das kann schwerwiegende Folgen haben. Neben der sozialen Komponente, hat diese mangelnde Unterstützung auch wirtschaftliche Folgen. Ein Mensch der nicht ausreichend versorgt wird, heilt nicht bzw. wird wieder krank. Daraus ergeben sich Folgebehandlungen oder ein erneuerter Krankenhausaufenthalt. Kosten die unser Gesundheitssystem zusätzlich belasten.
Wir brauchen ein gutes Entlassungsmanagement in den Kliniken. Für Patient: innen, ihre Angehörigen, alle beteiligten medizinischen Einrichtungen, der Wirtschaft und in der Summe für eine soziale Gesellschaft.