Wer verdammt ist Luca?

Textmehr - Blogartikel Digitale Teilhabe.

„Vereinbaren Sie einen Online-Termin für Ihre Impfung“. „Scannen Sie den QR-Code für das Impfzertifikat“. „Registrieren Sie sich mit der Luca-App“. Im Zuge der Pandemie hat Deutschland kleine digitale Schritte gemacht. Schaut man sich andere europäische Länder an, sind es zwar nur Gänseschritte. Aber mehr und mehr wird deutlich, dass auch der deutsche Alltag immer digitaler wird. Während jedoch Firmen mit Künstlicher Intelligenz ein Projekt nach dem anderen stemmen, bleiben viele Menschen ratlos zurück. Senioren, Analphabeten und Migranten gehören zu den geschätzten 16 Millionen Menschen die nicht mithalten können. Die kein oder nur ein veraltetes Handy besitzen und niemanden haben, der ihnen bei digitalen Fragen weiterhelfen kann. 

Eine aktuelle Studie von Bitkom zeigt, dass 65% der Menschen der Meinung sind, dass sie mit den technologischen Fortschritten nicht mithalten können. Auf der anderen Seite ist der Wunsch vorhanden, sich stärker mit den digitalen Medien auszukennen. Viele trauen sich und der Technologie jedoch nicht (24 Prozent). Die Angst vor Datenklau ist genauso groß, wie die Angst etwas falsch zu machen. 

 

Manchmal lohnt ein Blick in andere Länder. 

Was das Thema digitale Teilhabe angeht, sind uns viele Ländern schon lange und um Längen voraus. Nehmen wir Japan. Hier ist das Projekt Society 5.0 in aller Munde. Gemeint ist damit eine intelligente, vollständig vernetzte und nachhaltige Gesellschaft. Mit smarten Technologien wie Künstliche Intelligenz und Blockchain sind digitale Plattformen und Services entstanden, die einen echten Mehrwert für die japanische Bevölkerung bieten. In Pflege- und Seniorenheimen gehören Roboter zum täglichen Leben um den Alltag zu unterstützen. Das können pflegerische Tätigkeiten sein, aber auch als Gesprächspartner kommen diese zum Einsatz. Im Gegensatz zu China lautet in Japan die Devise: Wir nehmen Alle mit. Wenn man in Japan im Supermarkt bezahlen will, kann man das mit Bargeld, Kreditkarten, Giro-Karten, Prepaid-Karten und weiteren Mobile Paymentsystemen tun.Trotz japanischer Innovationskraft fühlen sich die Bürger stets mitgenommen. Eine digitale Kluft zwischen alten und jungen Menschen gibt es nicht. 

 

Schweden

Während wir in vielen Region in Deutschland von einer schnellen Internetverbindung träumen, besitzt Schweden eine hervorragende digitale Infrastruktur. Egal wo man sich aufhält, der Datenverkehr funktioniert ohne Probleme. Genauso reibungslos läuft Swish, ein schwedisches mobiles Zahlungssystem mit mehr als 5 Millionen Nutzern. Es ermöglicht, jede Zahlung innerhalb von Sekunden zu tätigen. Hierfür benötigt man lediglich die Mobilnummer des Empfängers. Der Betrag wird anschließend auf das verbundene Konto überwiesen – und das in Echtzeit. Für welche Zahlungen wird Swish genutzt? Für nahezu alles. Vom Restaurantbesuch, über Flohmarktkäufe bis zur Kollekte in der Kirche. 

Vor der Herausforderung auf dem digitalen Weg alle Bürger mitzunehmen, steht Schweden jedoch auch. Daher gibt es seit einiger Zeit die Fernsehsendung „Senioren-Surfer“, die Menschen erreichen soll, für die digitalen Technologien Neuland sind. Wer beispielsweise nicht weiß wie man eine Internetseite erreichen kann oder was eine App ist, findet hier Antworten. 

 

Dänemark 

Auch im Nachbarland Dänemark setzt man alles daran, um keinen Bürger zurück zulassen. Das Digitalministerium hat Demoseiten eingerichtet, auf denen jeder Bürger Dinge ausprobieren kann – ohne Angst zu haben, etwas falsch zu machen. Außerdem werden zur Erklärung Animationsfilme angeboten, die in verschiedenen Sprachen und auch in Zeichensprache verfügbar sind. 

 

Zurück nach Deutschland 

Tatsächlich gibt es bei uns ähnlichen Projekte. Nur sind es zu wenige. Oder sie werden kaum promotet. 

Auf der Seite wissendurstig.de finden sich zahlreiche Leuchtturmprojekte, bei denen sich -meisten Ehrenamtliche – engagieren, um Senioren an die digitalen Medien heranzuführen. Beispielsweise der offene Treff des Deutschen Roten Kreuzes in der westfälischen Stadt Lünen. Unter dem Motto „Wir sind dann mal online“ können sich ältere Menschen mit dem Smartphone oder Tablet vertraut machen. Haben sie ein Mal die Angst überwunden, werden regelmäßig WhatsApp Nachrichten geschrieben und Internetseiten besucht. 

 

Solche und andere Projekte zeigen, dass digitale Teilhabe nur zu schaffen ist, wenn wir die Menschen an die Hand nehmen. Wie könnte das in der Praxis aussehen? Geschäfte müssten nicht nur Smartphones und Tablets verkaufen, sondern auch Schulungen anbieten. Ehrenamtliche könnten geschult werden, um in Pflegeheimen digitale Kompetenzen zu vermitteln. In Sanitätshäusern werden nicht nur Pflegeartikel verkauft, sondern es liegen auch Broschüren in leichter Sprache aus, in denen Schritt für Schritt der Umgang mit dem Smartphone und dem Tablet beschrieben wird. Der Einsatz von leichter Sprache - auch auf Websites -  sollte im Übrigen eine Selbstverständlichkeit sein. 

 

Als ich gestern in der Apotheke war, fragte ein älteres Ehepaar nach dem digitalen Impfzertifikat. Sie räumten direkt ein, dass sie keine Ahnung haben, was sie dafür tun müssten. Die Apothekerin sagte darauf: „Na dann entsperren Sie mal ihr Handy und dann erkläre ich es Ihnen Schritt für Schritt“. So müsste es immer sein. 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0